OGH-Urteil: Kündigungsschutz für Mutter trotz falscher Bezeichnung

Die Vereinbarung von Elternteilzeit führt zum besonderen Kündigungsschutz, wenn ein Anspruch darauf besteht. Doch was gilt, wenn im Teilzeitvertrag keine Rede von „Elternteilzeit“ ist? Eine brandaktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (26.5.2011, 9 ObA 80/10w) stellt das klar.
Noch vor der Geburt ihres Kindes gab die Klägerin bekannt, dass sie nach der Karenz wieder arbeiten wolle, aber nur mehr Teilzeit. Sie wusste nicht, dass es „Elternteilzeit“ gibt und sie darauf Anspruch hatte. Sie erwähnte diesen Begriff in den Gesprächen mit ihrem Vorgesetzten daher auch nie. In der Karenz besuchte sie den Betrieb immer wieder und erfuhr dabei, dass man sie als Urlaubsvertretung braucht. Nachdem geklärt war, wie viel sie arbeiten kann, ohne das Kinderbetreuungsgeld zu verlieren, kehrte sie für 20 Wochenstunden zurück.
Es dauerte keine fünf Monate, bis man die Mutter kündigte. Die ging zur Arbeiterkammer und wurde über die Rechte bei Elternteilzeit informiert. Sie klagte daraufhin Entgelt für weitere sieben Monate ein, weil auch ohne ausdrückliche Bezeichnung Elternteilzeit vereinbart worden und ihre Kündigung folglich unwirksam sei. Der Arbeitgeber argumentierte, Elternteilzeit setze laut Gesetz einen schriftlichen Antrag voraus, sodass hier nur „schlichte“ Teilzeit ohne Kündigungsschutz vorliegen könne.
Erfolg vor dem OGH
Beim Arbeits- und Sozialgericht blitzte die Klägerin ab; schlussendlich gewann sie aber (großteils): Laut OGH wird zwar nicht jede Arbeitszeitreduktion zu einer Elternteilzeit, nur weil die Arbeitnehmerin Mutter ist. Wenn aber klar ist, dass die Betreuung eines (maximal siebenjährigen) Kindes bezweckt ist, muss der Arbeitgeber von dem Wunsch nach Elternteilzeit mit besonderem Kündigungsschutz ausgehen. Das war hier der Fall, weil die Klägerin nach der Karenz nur mehr Teilzeit arbeiten wollte und auch Kinderbetreuungsgeld bezog.
Dass sie keinen schriftlichen Antrag stellte, durfte der Arbeitgeber nicht bemängeln, weil er sich auf mündliche Verhandlungen eingelassen hat. Ein klarer Vertrag kann solche Prozesse vermeiden. (Kristina Silberbauer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.7.2011)
http://diestandard.at/1308680478628/Unausgesprochene-Elternteilzeit