Die Frage, ob Toilettenpausen als Arbeitszeit gelten, wird in der Schweiz heiß diskutiert. In Österreich ist das kein Thema
Während in der Schweiz über die arbeitszeitrechtliche Wertung von WC-Pausen gestritten wird, hat das Thema hierzulande bislang weder Gerichte noch Lehre nennenswert beschäftigt. Sind wir zu vornehm, oder gibt es wirklich kein arbeitsrechtliches Thema?
Wie kürzlich DER STANDARD berichtete, entschied ein Schweizer Gericht, dass Toilettenpausen keine Arbeitszeit sind. Ähnlich wie in der Schweiz, fehlt auch bei uns eine gesetzliche Regel dafür, wie mit WC-Pausen umzugehen ist.
Was ist Arbeitszeit?
Nach der auch in Österreich maßgeblichen Arbeitszeit-Richtlinie der EU ist Arbeitszeit jede „Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer (…) arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt.“ All das passiert während der besonderen Pause nicht (von jenen Fällen abgesehen, in denen die berufsbezogenen Gedanken weiterlaufen).
Österreich definiert in § 2 Arbeitszeitgesetz (AZG) etwas pragmatischer: „Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.“ Da könnte man ansetzen, bei den Ruhepausen: Nach der Judikatur sind das Unterbrechungen der Arbeitszeit „durch Freizeit, die der Erholung und den sonstigen Lebensbedürfnissen dienen“ – gemeint in erster Linie: die gesetzliche Mittagspause. Dabei muss der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nach der Judikatur aber nach Belieben über die Freizeit verfügen und vor allem auch das Firmengelände verlassen dürfen; das ist beim herkömmlichen WC-Gang nicht der Fall.
Umkleidezeiten oder Dienstverhinderung?
Könnte die Rechtsprechung zu Umkleidezeiten helfen? Nicht wirklich, weil das Tragen von Arbeitskleidung Teil der Dienstpflicht ist, und das Umziehen (wenn es im Unternehmen stattfinden muss) daher Arbeitszeit. Könnte eine entgeltpflichtige Dienstverhinderung vorliegen, aus wichtigen, die Person der Arbeitnehmerin betreffenden Gründen? Wichtig und persönlich ist der Grund allemal, unverschuldet auch, und in aller Regel dauert die Unterbrechung nur eine verhältnismäßig kurze Zeit, wie für eine solche Dienstverhinderung gefordert. Die bisherige Judikatur passt hier allerdings auch nicht ganz: Mit einer sonstigen Dienstverhinderung können sich in erster Linie Arbeitnehmer entschuldigen, wenn sie aufgrund einer höherrangigen Verpflichtung, die sich aus Recht, Sitte oder Herkommen ergibt (behördliche Vorladungen, Begräbnis etc.) verhindert sind.
Die Zuordnung des Toilettengangs zu Arbeitszeit oder Freizeit fällt nach österreichischem Arbeitsrecht tatsächlich schwer. Anscheinend waren wir bislang wirklich zu fein (oder fair), um darüber zu streiten. Möge es dabei bleiben. (Kristina Silberbauer, 10.10.2024)