Ist die Firmenkultur oder der Führungsstil toxisch, kann das belastend sein. Ab wann man arbeitsrechtliche Schritte einleiten kann.

von Jennifer Corazza

02.02.2024

Der Job klang vielversprechend, die Firma auch. Nach ausgiebiger Suche wurde Peter T. bei einem österreichischen Familienunternehmen fündig und trat vor wenigen Monaten seine Stelle als Verkaufsleiter mit aussichtsreichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten an. Doch dann kam alles anders.

Es herrschte „absolutes Chaos“. Die Firma hatte wichtige Transformationsprozesse verschlafen und die Belegschaft dazu verdonnert, diese auszubaden. Man wurde „zugemüllt“ mit Aufgaben, die kaum bewältigbar waren. Und gekündigt, wenn der erwünschte Erfolg nicht sofort eintrat, berichtet Peter T. Obendrauf gab es verbale Erniedrigungen vom Chef, der gleichzeitig Eigentümer war. Wertschätzung suchten die übrig gebliebenen Angestellten vergebens.

Auch Peter T. traf irgendwann die Missgunst, musste Aufgaben übernehmen, die weit außerhalb seines Bereichs lagen. Als sein eigentliches Ressort deshalb zu kurz kam, folgte die Kündigung.

Fall fürs Arbeitsgericht?

Die Kündigung anfechten, will Peter T. nicht. Hätte er vor dem Arbeitsgericht Erfolg, wäre das die Wiedereinstellung und das ist keine Option. Stattdessen möchte er sich optimistisch auf die Jobsuche konzentrieren. Trotzdem beschäftigt ihn, ob er arbeitsrechtliche Schritte hätte einleiten sollen. Und was es bezwecken würde, auf dieses toxische Arbeitsumfeld hinzuweisen.

Hier hat Rechtsanwältin Kristina Silberbauer klare Antworten. Sie berät und vertritt ausschließlich im Arbeitsrecht und stellt zunächst eines klar: toxisch ist kein juristischer Fachbegriff. Aber es gibt durchaus Momente, in denen eine schlechte Stimmung am Arbeitsplatz arbeitsrechtlich relevant wird.

Nämlich dann, wenn Einzelne schlechter behandelt werden als andere oder eine Person diskriminiert wird. Im Fall von Peter T. traf der unwirsche Führungsstil die gesamte Belegschaft, weshalb diese Punkte ausfallen. Entpuppt sich der Arbeitsplatz aber als gesundheitsgefährdend – sowohl körperlich als auch psychisch – fällt das unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und eröffnet unterschiedliche Möglichkeiten im Arbeitsrecht.

Etwa einen vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers, bei dem die Kündigungsfrist ausbezahlt werden muss. Oder Schadenersatzzahlungen, die in Österreich „sehr maßhaltend“ ausfallen und „alles andere sind, als das, was wir aus amerikanischen Filmen kennen“, erklärt Kristina Silberbauer. Bei erfolgreicher Klage ließen sich lediglich ein paar Hundert bis zu wenige Tausend Euros herausholen. Gesundheitliche Verletzungen abzuwarten, um später finanziell zu profitieren, sei daher nicht zu empfehlen.

Im Nachhinein klüger

Stattdessen rät die Anwältin, Vorfälle rechtzeitig zu melden. Bei der Personalabteilung, der Geschäftsführung oder dem Vorstand. „Ich würde immer raten, es zu melden. Allein in der Hoffnung, dass sich vielleicht etwas zum Besseren ändert“, sagt Silberbauer.

Ist das nicht der Fall und die gesamte Führungsebene durch einen toxischen Stil geprägt, bliebe einem kaum etwas anderes übrig, als seine Sachen zu packen und zu gehen: „Solche Dinge sind oft lange gewachsen“, erklärt Silberbauer. „Gerade bei Familienunternehmen hängt es an bestimmten Personen, die schon lange da sind und noch lange da sein werden.“

Damit nicht auch der nächste Arbeitsplatz zur bösen Überraschung wird, empfiehlt Silberbauer, selbstbewusst aufzutreten. Schon im Bewerbungsgespräch nach der Fluktuation zu fragen oder nach Kooperationen mit arbeitsmedizinischen oder arbeitspsychologischen Zentren. „Das sagt sehr viel über die Kultur aus. Würde ich mich wo bewerben, wäre das ein wichtiger Punkt.“

Wird man von einer Firma abgeworben, sollte man außerdem bei Probezeiten im Dienstvertrag aufpassen. Hier ließe sich ein zeitlich begrenzter Kündigungsverzicht aushandeln. Denn das Risiko, dass ein Arbeitsplatz nicht passt, hat man halt, sagt die Rechtsanwältin deutlich. Deshalb sollte man auf alles vorbereitet sein.

Toxische Firmenkultur: Ab diesem Zeitpunkt wird sie Fall fürs Arbeitsgericht | kurier.at