Wer als Arbeitgeber beurteilen möchte, ob eine geplante Kündigung sozialwidrig ist, muss vor allem die Jobaussichten des Mitarbeiters einschätzen. Geht es dabei nur um seine Chance, denselben Job woanders zu finden, oder sind auch frühere Berufserfahrungen maßgeblich?
Das OLG Wien erlaubt eine ganzheitliche Beurteilung: Selbst wenn der gekündigte Arbeitnehmer jahrelang in einer bestimmten Branche (hier: als Buslenker) tätig war, muss er sich – zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit – flexibel zeigen. Hat er Koch gelernt und diesen Beruf einige Jahre ausgeübt, und dann jahrelang als Kellner gearbeitet, so muss er auch im Bereich Koch / Kellner Arbeit suchen.
Bedeutet für das Kündigungsanfechtungsverfahren: Die Kündigung kann dann nicht sozialwidrig sein, wenn der ehemalige Mitarbeiter im zuletzt ausgeübten Beruf zwar keinen Job finden wird, er aber in einer früher ausgeübten Position gute Chancen bei der Arbeitsplatzsuche hat. Anderes kann gelten, wenn die länger zurück liegende Tätigkeit eine schnelllebige Branche betrifft. Das OLG führt die Computerbranche als Beispiel.
Vor der Entscheidung zu einer riskanten Kündigung lohnt es daher, den Lebenslauf des Mitarbeiters zu studieren.
Kristina Silberbauer (OLG Wien 22.7.2015, 7 Ra 28/15m)