Eine Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit kann auch wegen eines privaten Verhaltens, hier: Konsum von Cannabis, berechtigt sein.
Im vorliegenden Fall hatte der OGH zu beurteilen, ob der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Fall eines Regionalmanagers vorliegt, der mit einem Mitarbeiter, dessen Vorgesetzter er war, gemeinsam Cannabis rauchte und kaufte.
Vertrauensunwürdigkeit bei AD-Mitarbeiter und Vorgesetztem
Der OGH stellte zunächst klar, dass die Vertrauensverwirkung auch auf Handlungen beruhen kann, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Außerdem wiederholte er: An Angestellte in leitender Stellung sind im Allgemeinen strengere Anforderungen zu stellen.
Für den OGH wog besonders schwer, dass der Entlassene als Außendienstmitarbeiter kaum kontrolliert werden kann und daher eine besondere Vertrauensposition genoss. Außerdem war ihm vorzuwerfen, dass er sich als Vorgesetzter durch den gemeinsamen Suchtmittelkonsum von seinem Mitarbeiter erpressbar machte. Der OGH befürchtete, dass dies zum Nachteil des Arbeitgebers ausschlagen könnte, indem der Vorgesetzte aus Furcht vor einem Verratenwerden negative Handlungen dieses Mitarbeiters deckt. Die Entlassung war daher gerechtfertigt.
Sie war auch nicht zu spät, obwohl zwischen der Entlassung und der Kenntnis von Cannabiskonsum und -erwerb fast zwei Monate lagen: Diese Zeit hatte der Arbeitgeber genutzt, um Unterlagen zu diesem Vorwurf zu erhalten, die er auch in dieser Zeit mehrmals urgiert hatte. Aus dem Zögern musste der Arbeitnehmer daher nicht schließen, dass der Arbeitgeber auf die Entlassung verzichtet hätte. Er ist auch nicht ungebührlich lange über sein weiteres dienstrechtliches Schicksal im Unklaren gelassen worden. (OGH 29.5.2012, 9 ObA 35/12f)
Kristina Silberbauer