In einem weiteren Fall stellt der OGH klar: Auch wenn die Entlassung im Zusammenhang mit einem Krankenstand ungerechtfertigt war, kann der Arbeitnehmer dennoch den Anspruch auf Kündigungsentschädigung (teilweise) verlieren.
Nachdem ein Mitarbeiter Krankenstandsbestätigungen übermittelte, war dem Arbeitgeber nicht klar, ob er ab der ersten Krankmeldung durchgehend im Krankenstand war. Der Arbeitgeber versuchte wiederholt, den Arbeitnehmer zwecks Aufklärung des unklaren Sachverhalts zu erreichen – ohne Erfolg. Als der Arbeitnehmer auf ein eingeschriebenes Schreiben nicht reagierte, sprach der Arbeitgeber die Entlassung aus.
Nachträglich stellte sich heraus, dass die Entlassung ungerechtfertigt war, weil der Kläger infolge seiner Krankheit wirklich arbeitsunfähig war. Mit seiner Klage auf Kündigungsentschädigung hatte der kranke Mitarbeiter dennoch nur teilweise Erfolg:
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs lag der Grund für die ungerechtfertigte Entlassung darin, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seinen Hinderungsgrund nicht mitgeteilt hat, obwohl ihm dies leicht möglich war und der Arbeitgeber in Kenntnis des Grundes aller Voraussicht nach die Entlassung nicht ausgesprochen hätte.
Es ist zwar nicht so, dass ein erkrankter Mitarbeiter verpflichtet wäre, auf Kontaktaufnahme des Arbeitgebers zu reagieren. Auch ist es seine Sache, ob er sich für sein Fernbleiben ausreichend rechtfertigt. Hätte er aber seine eigenen Interessen wahren wollen (hier: den Anspruch auf Kündigungsentschädigung), hätte er den Arbeitgeber aufklären müssen. Der Kläger erhielt nur die Hälfte der Kündigungsentschädigung.
(OGH 25.11.2011 9 ObA 26/11f)
Kristina Silberbauer