Der OGH betonte unlängst wieder, dass die verspätete Krankmeldung eines Arbeitnehmers zwar zum Entfall der Entgeltfortzahlung führen kann, in der Regel aber keinen Entlassungsgrund begründet…
Im gegebenen Fall entließ ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer, da er ihn erst einige Stunden nach Dienstbeginn von seinem Krankenstand verständigt hatte. Pünktlich informiert hatte der Kranke allerdings den Vertragspartner des Arbeitgebers, auf dessen Betriebsgelände er auch beschäftigt war. Es konnte hier also von keinem so gravierenden Fehlverhalten des Arbeitnehmers gesprochen werden, dass die Entlassung gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Entlassene erhielt folglich Schadenersatz (Kündigungsentschädigung) und zwar in voller Höhe. Auch ein Mitverschulden an der unberechtigten Entlassung wurde ihm nicht vorgeworfen.
Dieses Verhalten, das erfolglos zur Begründung der Entlassung des Arbeitnehmers herangezogen wurde, kann auch nicht zur Begründung eines allfälligen Mitverschuldens an der Entlassung verwendet werden. Will der Arbeitgeber das Mitverschulden des Arbeitnehmers an der ungerechtfertigten vorzeitigen Auflösung geltend machen (und so seine Schadenersatzansprüche verringern), dann ist dafür notwendig, dass der Arbeitnehmer zusätzlich bzw. unabhängig von dem für die vorzeitige Auflösung nicht ausreichenden Verhalten etwas gemacht hat, das die Entlassung verursacht hat.
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitgeber ein Verhalten setzt, das – objektiv betrachtet – pflichtwidrig scheint, er dafür aber einen Rechtfertigungsgrund hat den er dem Arbeitgeber nicht bekannt gibt. In einem solchen Fall ist der Arbeitnehmer auch schuld an der ungerechtfertigten Entlassung und kann deshalb vom Arbeitgeber nicht (die gesamte) Kündigungsentschädigung verlangen.
Ein oft zitiertes Beispiel ist der Fall, dass ein Arbeitnehmer mit den Worten „ die Arbeit zipfe ihn an und er kündige“ die Arbeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist verließ – worauf der Arbeitgeber die Entlassung aussprach. Später stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer nach diesem „Auftritt“ krank geschrieben wurde. Da er das seinem Chef nicht mitgeteilt hatte und ihn damit zur Entlassung veranlasst hatte traf in ein Mitverschulden an der (in Unkenntnis der Arbeitsunfähigkeit) ausgesprochenen Entlassung (8 Ob A 52/04m).
Claudia Simon/Kristina Silberbauer, 2011
OGH 30.03.2011, 9 ObA, 45/10y