Ist der Arbeitgeber schuld an der plötzlichen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, etwa wenn der Arbeitnehmer aus Verschulden des Arbeitgebers vorzeitig austritt oder wenn der Arbeitgeber eine unberechtigte Entlassung ausspricht, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Kündigungsentschädigung…
Die Kündigungsentschädigung ist jenes fiktive Entgelt, das er bekommen hätte, wäre das Dienstverhältnis ordnungsgemäß unter Einhaltung von Kündigungsfrist und -termin erfolgt. Bei Lehrverhältnissen ist bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung die Behaltefrist zu berücksichtigen.
Das Berufsausbildungsgesetz sieht in § 18 vor, dass der Lehrberechtigte den Lehrling nach Abschluss des Lehrverhältnisses noch drei weitere Monate im erlernten Beruf weiterverwenden muss. Kollektivverträge beinhalten manchmal sogar längere Behaltefristen. Ziel dieser Regelung ist es, dem Lehrling dadurch den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern.
Hält sich der Lehrberechtigte nicht daran, so hat der Lehrling Anspruch auf den Ersatz des Nichterfüllungsschadens. Er bekommt dann also wenigstens das Entgelt für diese Zeit bezahlt – und zwar ohne dafür zu arbeiten.
Beendet nun der Lehrberechtigte das Lehrverhältnis grundlos vorzeitig (also im laufenden Lehrverhältnis), so ist die Dauer der Behaltepflicht bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung zu berücksichtigen. Der Lehrling bekommt somit grundsätzlich auch das Entgelt für die Dauer dieser drei Monate ersetzt. Dabei hat er sich allerdings anrechnen zu lassen, was er sich in Folge des Unterbleibens seiner Arbeitsleistung erspart hat oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Hat der Lehrling also Gelegenheit seinen Job woanders auszuüben, so darf er sich auch bei Verschulden des Lehrgebers an der frühzeitigen Beendigung des Lehrverhältnisses nicht auf die faule Haut legen.
Claudia Simon/Kristina Silberbauer, 2011
OGH 23.03.2011, 8 ObS 4/10m