Der VwGH sieht in nebenberuflichen Paragleitlehrern mit Stundenentgelt abhängige Dienstnehmer
Der Vollversicherung nach dem ASVG unterliegen „Dienstnehmer, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt“ sind. Das können auch Personen sein, die nur fallweise nebenberuflich arbeiten.
Im aktuellen Fall setzte eine Paragleitschule Fluglehrer auf Honorarbasis ein. Zu Jahresanfang wurden die Kurspläne vereinbart. Der Unterricht erfolgte zumeist an Wochenenden; die Flugschule pachtete den Übungshang, stellte Fluggeräte für die Schüler der Grundkurse zur Verfügung und rechnete die Stunden mit ihnen direkt ab.
Fortbildung selbst finanzieren
Die Lehrer brachten ihr eigenes Fluggerät mit. War ein Fluglehrer verhindert, organisierte er oder die Flugschule die Vertretung durch einen Kollegen. Die Fluglehrer mussten den Ausbildungsstand der Schüler auf einer Liste dokumentieren. Sie rechneten ihren Unterricht pro Schüler und Tag ab. Entfiel eine Flugstunde wetterbedingt, wurde sie später nachgeholt. Sie waren laut Vertrag zu Fortbildungen verpflichtet, die sie selber finanzieren mussten.
Obwohl diese Art der Beschäftigung vom Bild des klassischen Fixangestellten stark abweicht, ging der Verwaltungsgerichtshof (2006/ 08/0317 vom 22. 12. 2009) von einer Vollversicherungspflicht aus. Für ihn stand im Vordergrund, dass die Fluglehrer zur Dienstleistung verpflichtet sind, weil sie die Flugstunden nach Fixierung des Jahresplans nicht mehr beliebig ablehnen konnten. Es lag keine Arbeit auf Abruf oder bloß tageweise Beschäftigung vor, sondern eine periodisch wiederkehrende Leistungspflicht. Ebenso wenig kann der Flugunterricht als „Werk“ betrachtet werden, das der Fluglehrer als Unternehmer erbringt. Da als Vertreter nur Teammitglieder infrage kamen, lag auch kein generelles Vertretungsrecht vor, wie es Selbstständige haben.
Der Umstand, dass die Lehrer pro Tag und Schüler bezahlt wurden, überzeugte die Richter nicht: Auch in abhängigen Dienstverhältnissen kann es zur leistungsbezogenen Entlohnung kommen.
Weisungsunterworfenheit
Ebenso lag die für vollversicherungspflichtige Dienstnehmer typische Weisungsunterworfenheit vor: Indem die Fluglehrer den Ausbildungsstand schriftlich festhalten mussten, konnte die Schule sie kontrollieren und im Bedarfsfall korrigierend eingreifen.
Dass die Lehrer ihre Gleitschirme selbst mitbringen mussten, war für die Annahme einer wirtschaftlichen Selbstständigkeit nicht genug. Außerdem lag die gesamte unternehmerische Struktur bei der Flugschule: Die Fluglehrer beschäftigten sich weder mit Werbung noch mit dem Abschluss von Verträgen. Auch den Übungshang und die Ausrüstung der Schüler der Grundkurse kam von der Schule.
Selbst wenn beide Seiten kein „echtes“ Dienstverhältnis wollen und folglich eher lose zusammenarbeiten, ist Vorsicht geboten: Der Dienstleister sollte seinen Einsatz beliebig ablehnen und seine Vertretung frei organisieren dürfen. Ist das nicht (nachweislich!) der Fall, besteht ein großes Risiko von Nachforderungen seitens der Gebietskrankenkasse.  (Kristina Silberbauer, DER STANDARD, Printausgabe 12.05.2010)